Jeder Film muss einmal enden. Und meistens hat das Ende eines Filmes auch eine tiefere Bedeutung und fast den Konflikt des Filmes noch mal komprimiert zusammen, wie der letzte Absatz eines Artikels. So ist es auch im Film „Systemsprenger“. Was bedeutet das Ende?
Worum geht es im Film?
Im Film geht es um ein junges Mädchen, das als ein sogenannter Systemsprenger unterwegs ist. Systemsprenger sind Kinder, wo kaum eine Maßnahme oder Anordnung hilft. Sie brechen regelrecht aus dem System aus, sind kaum zu bändigen und werden von einer Hilfsmaßnahme zur nächsten geschickt. Und so geschieht es auch im Film. Das Mädchen hat kaum einen festen Ort, eine feste Bezugspersonen, die Erwachsenen versagen und scheitern reihenweise an diesem Kind, was eigentlich nur Kind sein will.
Was passiert am Ende?
Am Ende von Systemsprenger soll das Mädchen Benni fliegen. Und dafür wird das Gepäck durchleuchtet und auch das Kuscheltier soll durchleuchtet werden, und schließlich wird auch Benni selbst überprüft. Und dann sieht man, wie das Mädchen flieht, sich seinen Weg bahnt und dann nach draußen auf eine Art Terrasse und läuft und zum Schluss springt sie nach oben und der Bildschirm zeigt Risse, als sei die Kamera gesprungen oder eine Glasscheibe. Benni hat ihre Flucht nachweislich genossen und war fröhlich.
Wie ist es zu interpretieren?
Systemsprenger sind Kinder, die sich nur schwer an Regeln halten können. Sie wollen frei sein, sie wollen ihren Willen, sie wollen sich austoben können und die heutige Gesellschaft ist damit reichlich überfordert. Doch welcher Ort hat wohl mehr Regeln und Vorschriften als alles andere? Der Flughafen. Wer fliegen will, muss mehrere Stunden vorher da sein, darf gewisse (viele) Dinge nicht mit ins Flugzeug nehmen, muss alles und sich selbst überprüfen lassen und noch viele Dinge mehr. Ist das der richtige Ort für ein Kind, was als Systemsprenger bekannt ist?
Der Flughafen ist ein Mikrokosmos der auf Regeln basierende Gesellschaft. Alles, was Benni erleben kann, erlebt sie hier sofort in einem kleineren Maßstab. Alles, was vorher in diesem Film lange ausgebreitet wurde, bündelt sich wie in einem Brennglas in diesen wenigen Minuten am Ende. Dieser Ort, dieses so geordnete Prozedere, was so routiniert erscheint, wird für Benni zur Zerreißprobe und zu einem Scheideweg, von dem sie vorher nicht gewusst hat, dass es ihn gibt. Aber am Flughafen tut er sich auf, zeigt ihr, was sie durchgemacht hat und sie muss erkennen, was so klar vor ihren Augen schon gelegen hat. Sie hat nicht die Schuld, sondern sie wird in eine Schublade gesteckt und dann irgendwo hineingeschoben und durchleuchtet wie eine Tasche eines Fluggastes.
Benni hat Angst vor dem Gerät, durch das das Gepäck und auch ihr Stofftier durch soll. Sie findet die Vorstellung unangenehm, ihr Tier da hindurchschicken zu müssen. Eingeengt, beobachtet, dunkel und allein. Das ist es, was Benni in ihrem ganzen Leben fühlt. Man vertraut ihr nicht, überwacht sie ständig und unterzieht sie am (hier sprichwörtlich) laufenden Bande Untersuchungen und Einschätzungen, die über ihr Ziel (wie am Flughafen) entscheiden.
Benni läuft und läuft und fühlt die Freiheit. Sie will frei sein, will aus den Dingen ausbrechen und bricht erst aus dem Flughafen aus und dann bildlich sogar aus dem Film heraus, indem das Glas springt. Und so zeigt sich, dass sich Benni dem niemals beugen wird, aber dass es nicht ihr Problem ist, denn sie hat diese Welt nicht geschaffen, sie will einfach ein Kind sein, will frei sein und will fühlen, dass sie Wind unter den Flügeln hat, dass sie sich freuen kann, dass man ihr vertraut und dass man sie nicht ständig – wie oben beschrieben – beobachtet, ihr dann letztlich doch nicht vertraut, nur weil sie ist wie sie ist und dass das alles über ihr Ankunftsziel entscheiden soll.
Zusammenfassung
Der Film fasst am Ende den ganzen Film noch einmal zusammen. Regeln, Kontrolle, Überwachung. Das alles bündelt sich in dieser Szene am Flughafen und Benni merkt das, sie fühlt es und sie bricht heraus. Heraus aus der Kontrolle, heraus aus dem Flughafen, der als Gesellschaft gelten kann und schließlich heraus aus sich selbst und den ganzen Film. Benni ist nicht schuld, Benni bricht aber aus, aus eigenem Antrieb und niemand kann das verstehen, niemand kann mit ihr mithalten.